Geschlechterrollen & sexuelle Identität

Wer sind wir? Und wenn ja, wie viele? So könnte man die Frage nach der biologischen, sexuellen und gesellschaftlichen Identität formulieren, die uns durch dieses Heft von forum papers begleitet.

Wer sind wir? Und wenn ja, wie viele? So könnte man die Frage nach der biologischen, sexuellen und gesellschaftlichen Identität formulieren, die uns durch dieses Heft von forum papers begleitet. Die Suche nach dem, wer wir sind und wie wir sind, beschäftigt die meisten von uns ein ganzes Leben lang, und die Antworten, die wir auf diese Fragen finden, sind oftmals überraschend. Es wäre ja auch viel zu einfach und zu langweilig, wenn unsere (sexuelle) Identität so eindeutig wäre! Stattdessen handelt es sich wohl um ein farbenfrohes Kontinuum zwischen allen möglichen Schattierungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, auf dem wir unsere Position unablässig verschieben, determiniert von unseren Genen, unserem Alter, dem aktuellen Hormonspiegel, ein paar persönlichen Prägungen und den spezifischen gesellschaftlichen Verhältnissen.

Insbesondere der letzte Punkt sollte uns zu denken geben: Abhängig von der Gesellschaft und dem historischen Moment, in die wir ungefragt hineingeboren wurden, werden an uns völlig unterschiedliche Erwartungen gestellt, was Weiblichkeit oder Männlichkeit betrifft. Für den einzelnen kann es dann ziemlich anstrengend werden, sich diesen Erwartungen und gesellschaftlichen Normen anzupassen. Aber wenn man das Spiel erst einmal durchschaut hat und in einem Rechtsstaat lebt, kann es auch recht unterhaltsam sein.

Die Autoren dieser Ausgabe von forum papers bieten dazu ein bisschen Hilfestellung: Christel Balthes-Löhr, Professorin an der Universität Luxemburg, versucht erst einmal Ordnung in das begriffliche Dickicht rund um Biologie und gesellschaftliches Geschlecht (Gender) zu bringen. Im Interview erläutert Roby Antony von der Beratungseinrichtung Cigale, mit welchen Fragen und Unsicherheiten Jugendliche konfrontiert sein können, wenn es um ihre (wechselhafte) sexuelle Orientierung geht. Im Beitrag von Enrica Pianara stehen die gesellschaftlichen Mechanismen im Vordergrund, die uns zu Frauen oder Männern „sozialisieren“. Die Infographik und die Erläuterungen von Luc Belling und Marc Birchen in der Mitte des Heftes bieten Informationen rund um Diskriminierungen aufgrund des biologischen Geschlechts und der sexuellen Orientierung. Einen psychologischen und auch historischen Blick auf die Entwicklung, die Funktion und auch die Ausgestaltung von Sexualität wirft die Psychologin Anne-Marie Antoine. Den Schluss macht ein Beitrag von Elise Schmit, in dem die Autorin zerknirscht den Bestand ihres Bücherregals analysiert.

Eine anregende Lektüre wünscht

Jürgen Stoldt